12.08.14 – Die Global gia Honorees 2014
Das gute Stil-Gewissen
Der dritte Global gia Honoree, den wir in unserer Serie vorstellen, verschenkt seinen Gewinn. Alles, was beim Konzept-Kaufhaus Merci nach Abzug der Betriebskosten vom Umsatz übrigbleibt, fließt in einen Hilfsfonds für Madagaskar. Das und die sehr spezielle Mischung aus Mode, Möbeln, Haushaltswaren und Düftenüberzeugte die Jury der amerikanischen International Housewares Association, die den Handelspreis verleiht.
Marie-France Cohen und ihr mittlerweile verstorbener Mann Bernard gründeten Merci 2009, um genau das zu sagen: Danke. Die beiden hatten ein paar Jahre vorher ihre sehr erfolgreiche Kindermode-Kette Bonpoint verkauft. Von der Summe hätten sie ein angenehmes Leben führen können, aber das war ihnen zu langweilig und zu unsozial. «Wir können hier nicht einfach mit unserem Geld hocken», sagten sie in einem Interview mit der Zeitschrift brand eins.
Die Idee für Merci entstand, weil sie erstens weiter unternehmerisch tätig sein und zweitens Näherinnen und ihre Familien auf Madagaskar unterstützen wollten, die einen Großteil der Bonpoint-Modelle produziert hatten. Sie kauften eine alte Fabrikhalle im Pariser Viertel Marais und bauten sie um. Schaufenster zur Straße gibt es keine, in den Laden lädt ein großer Innenhof ein, der für wechselnde Präsentationen genutzt wird. Im Gebäude bieten über 1100 m², die auf drei Etagen verteilt sind, Platz für das Sortiment, die «Merci Kantine», die den Blick auf einen kleinen Garten freigibt, das «Cinéma Café», in dem immer ein Filmklassiker läuft, und das «Bücher-Café», in dem die Kunden in einem der vielen Tausend gebrauchten Bücher schmökern können.
Edel und erschwinglich
Marie-France Cohen nutzt nach wie vor die Kontakte, die sie mit ihrer Kindermode-Marke aufgebaut hat. Viele der Bücher sind von Promis signiert und gestiftet und können zum Schnäppchenpreis zwischen drei und zehn Euro erworben werden. Modelabels wie Yves-Saint Laurent, Marni oder Stella McCartney stellen eigens für Merci angefertigte Modelle zu reduzierten Preisen zur Verfügung und in der Parfümerie-Ecke gibt es vergünstigte Düfte von Marie-Frances Schwester Annick Goutal. Auf diese Weise sollen sich Menschen mit schmalerem Budget renommierte Marken leisten können.
Das Konzept-Kaufhaus will Kunden unterschiedlichster Couleur ansprechen. Deswegen gehören neben den Edel-Namen auch ganz günstige Produkte zum Sortiment. Das wird z.B. in der Wohn- und in der Hausratabteilung deutlich, wo Tische mit einem Mix aus Manufakturporzellan und derbem Steingut gedeckt sein können. Die Möbel, auf denen die Waren präsentiert werden, stehen ebenfalls zum Verkauf. Auch hier stehen hochwertige Antiquitäten neben Stücken mit Flohmarktcharme oder Regalen und Tischen, die eigens für das Konzeptkaufhaus angefertigt wurden.
Gutes tun, Luxus lieben
Das Ziel von Marie-France Cohen war, jeden einzelnen Merci-Quadratmeter «absolut fabelhaft» zu gestalten. Das fängt schon beim alten Fiat 500 im Innenhof an, der als Bühne für Warenpräsentationen oder für Kunstinstallationen genutzt wird. Das Geschäft ist von der unverwechselbaren Handschrift der Gründerin geprägt. Sie ist stilbewusst und heimelig zugleich. Die Kunden sollen nicht das Gefühl haben, einen Designtempel zu betreten und sich auch von Edel-Marken nicht eingeschüchtert fühlen.
Ein wichtiger Teil des Merci-Erfolges ist sicher, dass die Kunden beim Einkauf das Gefühl haben, anderen Menschen zu helfen. «Die Botschaft an die Kunden ist: Ihr könnt Gutes tun und braucht nicht auf Luxus zu verzichten», erklärte sie es im brand eins-Interview. Auch Paris profitiert vom Danke-Kaufhaus. Die Cohens haben in ihrem Einzelhandelsgeschäft und den drei gastronomischen Einrichtungen fast 70 feste Arbeitsplätze geschaffen.
Nachahmenswert …
Merci ordnet sein Sortiment auf seiner Website nicht nach Marken, sondern nach Designern sortiert an.
Merci präsentiert sein Sortiment auf seiner Website so angeordnet wie im Geschäft.
Merci bietet Produkte von Nachwuchsdesignern an und gibt ihnen damit eine Vermarktungschance.