12.07.22 – Zukunft des Einkaufens

Kampf gegen den Beratungsklau

Wie geht man mit Kunden um, die sich im stationären Handel ausgiebig informieren, um dann online zum möglicherweise niedrigeren Preis einzukaufen? Eine Einschätzung unseres Gastautoren Frank Rehme zum Thema Beratungsklau.

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Unser Gastautor Frank Rehme. © Zukunft des Einkaufens

 

In Düsseldorf wird ernst gemacht: Die lokale Presse berichtete von einem Händler für Schulranzen, der Kunden, die sich beraten lassen und dann im Internet kaufen, konsequent Hausverbot erteilt. Das schärfste Schwert, das der Handel zu vergeben hat, wird dort gezückt. Damit stellt man die Kunden auf die gleiche Stufe wie Ladendiebe, eine Nachricht, die hoffentlich abschreckt. Und abschrecken ist das richtige Wort, denn man schreckt damit auch die Kunden ab, die sich informieren möchten.

Gibt es den Beratungsklau überhaupt?

Bereits seit Langem wurde das Phänomen analysiert: Die Unternehmensberatung Roland Berger untersuchte das Kaufverhalten von 42.000 Kunden. Diejenigen, die sich im Laden nur beraten lassen, danach aber online kaufen, haben bei den Onlineshops für rund 6 Mrd. Euro Umsatz gesorgt. Diejenigen, die nach einem Produkt- und Preisvergleich im Internet dann doch im Laden kauften, brachten dem Einzelhandel dagegen 68 Mrd. Euro Umsatz. Dieses Ergebnis sollte den Einzelhändlern stark zu denken geben – das Märchen vom Beratungsklau setzt es auf alle Fälle außer Kraft.

Kontexte verkaufen, nicht der Preis!

Zurück zum Düsseldorfer Schulranzenladen, der übrigens auch einen eigenen Onlineshop hat und damit auch Kunden bekommt, die sich möglicherweise woanders beraten lassen haben. Wir sind davon überzeugt, dass die Hausverbots-Nummer die falsche Strategie ist. Stationärer Handel hat gegenüber dem Onlineverkauf verdammt viele Vorteile, und die gilt es, dem Kunden aufzuzeigen:

  • Die Ware kann sofort mitgenommen werden.
  • Man muss nicht drei Tage warten oder Ware in der Filiale abholen, weil man am Zustelltag nicht daheim war.
  • Man sieht sofort, was man bekommt – kein Theater mit Rücksendungen.
  • Ist der billigste Anbieter im Web seriös und keine windige Garagenfirma?
  • Umtauschen ist leicht und einfach.
  • After Sales Service;
  • eine nette Atmosphäre;
  • Kombiangebote mit Komplementärartikeln;
  • Geschenkverpackungsservice.

Kundenbindung zählt

Ist der Kunde einmal im Laden, muss ich ihn so überzeugen, dass er nicht nur kauft, sondern beim nächsten Mal auch wiederkommt. Das kann kein Schnäppchenportal im Internet, das muss man dem Kunden auch klarmachen: Man ist an einer Partnerschaft statt an einem Kunden-Lieferantenverhältnis interessiert. Das ist Beziehungsmanagement und nicht Warenmanagement. Eine sehr clevere Händlerin aus dem Hunsrück hat mir erklärt, dass sie keine Kunden hat, sondern Gäste! Wer Kunden hat, will deren Geld. Wer Gäste hat, der will, dass es ihnen gut geht!

Das Fazit:

Wenn Kunden, die einmal in meinem Laden sind, nicht bei mir kaufen, sollte ich mir in erster Linie Gedanken über mich machen und nicht die Kunden mit einem Hausverbot verteufeln. Die öffentliche Wirkung einer derartigen Message ist katastrophal und zeigt wenig Kundenorientierung. Das kann auch schnell nach hinten losgehen!