21.07.20 – Zukunft des Einkaufens

Erfolgreich verkaufen mit GMV

Viele unserer täglichen Entscheidungen treffen wir nicht so rational, wie wir vielleicht denken, sondern oft rein intuitiv. Wie Einzelhändler sich dieses Wissen für ihr stationäres Geschäft zunutze machen können, erklärt unser Gastautor Frank Rehme.

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Frank Rehme © Zukunft des Einkaufens

 

Das kennt sicherlich jeder aus seinem täglichen Handeln: Man ist von einer These überzeugt, weiß aber nicht genau warum. Man hat eben „nur“ ein Bauchgefühl. Allerdings versucht man dann, alle zukünftigen Fakten nach der bewährten Methode der selektiven Wahrnehmung passend zu diesem Bauchgefühl auszuwählen. Wenn man sich einmal in ein bestimmtes Auto verliebt hat, wird man exakt die Gründe finden, die für dieses und gegen alle anderen Fahrzeuge sprechen. Und natürlich sieht man auf der Straße nur noch dieses Auto.

Forschung zeigt die Kraft der Intuition

Prof. Dr. Gerd Gigerenzer brach auf dem Neuromarketing Kongress in München eine Lanze für die Intuition und räumte mit gängigen Irrtümern auf: Bauchentscheidungen sind zweitklassig, komplexe Probleme erfordern immer komplexe Lösungen, mehr Informationen, Berechnungen und mehr Entscheidungszeit sind immer besser. Diese scheinbaren Tatsachen sind in seinen Untersuchungen widerlegt worden. Experimentelle Studien am Max-Planck-Institut haben gezeigt, dass in unserer unsicheren Welt Heuristiken zum Erfolg führen – einfache Regeln, die sich auf das Wesentliche konzentrieren und andere Informationen ignorieren. Seine Kernaussage: Keine unserer Entscheidungen ist rational, das gilt erst recht beim Einkaufen. Diese These bestätigt auch die Erkenntnisse von Prof. Snyders, Hirnforscher an der Universität Sydney: „Unser rationelles Denken ist eine reine Marketingaktion unseres Bauchgefühls, damit wir glauben, wir hätten alles im Griff.“

Die Methode GMV

Ich verfolge schon seit Jahren das Prinzip GMV, sprich, die konsequente Anwendung des Gesunden Menschen Verstandes. Die Ursache des Prinzips basiert auf drei Grundregeln:

 1) Verstehe, warum Lebewesen auf diesem Planeten sind:

 – um zu überleben,

 – um sich fortzupflanzen.

 2) Das menschliche Gehirn ist der größte Energieverbraucher in unserem sehr rational arbeitenden Körper. Dort werden 25 % der Körperenergie verbraucht. Die Natur hat uns allerdings darauf programmiert, hohe Energieverbräuche zu vermeiden. Denkvorgänge verbrauchen aber Energie, und deshalb sind sie unter energetischen Gesichtspunkten zu unterlassen.

 3) Menschen streben nach Glück. Die moderne Hirnforschung hat allerdings herausgefunden, dass dieser Zustand im Gehirn maximal zehn Sekunden anhält.

KISS – Keep it simple and Stupid

Was heißt das jetzt für das tägliche Leben? Zuerst einmal die gnadenlose Reduzierung von Komplexität, mit der ein Kunde konfrontiert werden soll. Das beginnt bei einer Klarheit für das Auge, wenn ein Store betreten wird. Keine Werbeschlachten mittels Plakaten, kein Deckenhänger-Overkill. Ganz klare Botschaften, die dann auch ankommen. Bilder statt Schrift, ansonsten kann man ein Customer Guidance System besser ganz weglassen. Klare Gliederung des Sortimentes, reduziert auf weniger Artikel. Ansprechen aller Sinne, das Sortiment muss für den Kunden auch tast-, riech-, hör- und schmeckbar sein. Menschen meiden Komplexität bzw. versuchen, sie so gut es geht zu umgehen. Indizien dafür sind die Erfolge der Buchreihe „Simplify your life“ sowie die hohe Nutzerzahl einfacher Mobilfunktarife. Diese Beispiele zeigen auf, dass die konsequente Anwendung der GMV-Methode und die Beachtung der drei Grundregeln erfolgreicher ist als der Aufbau vermeidbarer Komplexität. Zum Abschluss möchte ich aber noch einmal auf Prof. Gigerenzer zurückkommen: Entscheidend ist das Bauchgefühl!

Der Autor:

 Frank Rehme gilt als einer der wichtigsten Vordenker im Bereich Innovation und Zukunftsgestaltung. Als Unternehmer, Strategieberater, Speaker und Managementcounsel erarbeitet er praxisgerechte Antworten auf die Fragen der Zukunft. Das Handelsblatt beschreibt ihn als „den umsetzungsorientierten Morgenmacher mit Weitblick“.