16.04.21 – ecostra-Studie

Die besten Geschäftsstraßen Deutschlands

Welche Stadt hat die zufriedensten Geschäftsinhaber? Das analysierte das Beratungsinstitut ecostra in Kooperation mit dem Handelsverband Textil (BTE) und hystreet.com.

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Laut des ersten „Geschäftsstraßen Performance Report Deutschland 2020“ wurde die Kaiser-Joseph-Straße in Freiburg von Geschäftsinhabern am besten bewertet. © ecostra

 
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Die Lange Straße in Greifswald landete überraschenderweise auf Platz zwei. © ecostra

 

Über 200 Geschäftsstraßen in den 130 größten Städten Deutschlands standen in der Zeit vom 5. Oktober 2020 bis zum 31. Januar 2021 zur Bewertung durch die Geschäftsinhaber an. Teilnahmeberechtigt an der Untersuchung waren Händler, Gastronomen und Dienstleister, welche mindestens drei Geschäfte in mindestens drei verschiedenen innerstädtischen Geschäftsstraßen Deutschlands betreiben. An der Befragung haben 55 verschiedene Unternehmen teilgenommen, die in den abgefragten Geschäftslagen über insgesamt 1145 Geschäfte verfügen, d. h. jeder Teilnehmer konnte im Durchschnitt ca. 21 Standorte bewerten.

Beste Geschäftsstraße Deutschlands

Die zufriedensten Geschäftsinhaber einer innerstädtischen Haupteinkaufslage befinden sich in Freiburg im Breisgau. Die zwischen Martinstor und Europaplatz gelegene Kaiser-Joseph-Straße bildet hier den zentralen innerstädtischen Geschäftsbereich und hat bekannte und hochgehandelte Einkaufslagen, wie z. B. in München die Kaufingerstraße oder in Berlin den Kurfürstendamm weit hinter sich gelassen. Mit einer Durchschnittsbewertung (nach Schulnoten) von 1,55 erreicht die Kaiser-Joseph-Straße ein Top-Ergebnis. Kundenzuspruch erhalte Freiburg aus dem gesamten südbadischen Raum und auch von Einkäufern aus Frankreich, der Schweiz sowie von internationale Touristen.

Zwei Hafenstädte an der Ostsee überraschen

An zweiter Stelle folgt die Lange Straße in Greifswald (Ø 1,60) und an dritter Stelle die innerstädtische Haupteinkaufslage von Rostock (Ø 1,75), welche sich aus der Achse Kröpeliner Straße, Universitätsplatz und Breite Straße zusammensetzt. Damit konnten sich überraschenderweise zwei Küstenstädte in Mecklenburg-Vorpommern bei dieser Untersuchung mit auf dem Siegertreppchen platzieren. „Offensichtlich ist das Verhältnis von Standortkosten und Umsätzen in diesen Städten für den Handel besonders vorteilhaft. Wahrscheinlich profitieren diese Lagen aber auch von dem stark anziehenden Ostsee-Tourismus der letzten Jahre“, kommentiert ecostra-Geschäftsführer Dr. Joachim Will dieses Ergebnis.

Schlusslicht Essen

Die „rote Laterne“ der insgesamt 110 Geschäftsstraßen, die aufgrund einer ausreichenden Zahl an Bewertungen in das Ranking aufgenommen wurden, hält die Limbecker Straße in Essen mit einer Durchschnittsbewertung von 4,50. Dazu Will: „Offensichtlich ist hier die Unzufriedenheit besonders stark ausgeprägt. Essen war lange Zeit innerhalb des Ruhrgebiets sowie für wesentliche Teile von Nordrhein-Westfalen eine ,der‘ Einkaufsstädte, hat jedoch in den letzten Jahren vor allem gegenüber Dortmund merklich an Anziehungskraft verloren. Die schlechte Bewertung der Limbecker Straße deutet auf einen dringenden Handlungsbedarf hin, damit sich dieser Abwärtstrend nicht weiter fortsetzt.“

Unterschiedliche Wertigkeit in den Metropolen

In manchen Metropolen, wie Köln oder Hamburg, fallen die Bewertungen einzelner Geschäftslagen innerhalb derselben Stadt weit auseinander. So schaffte es die Kölner Schildergasse mit einem Wert von 2,00 auf den 5. Platz im Gesamtranking, während die Hohe Straße mit 3,75 von den befragten Betrieben durchaus kritisch gesehen wird. Diese Bewertungen der beiden Kölner Haupteinkaufslagen decken sich mit jüngsten Aussagen großer Maklerhäuser, welche aufgrund eines nicht mehr marktgerechten Mietpreisniveaus und häufig suboptimalen Flächenzuschnitten für die Hohe Straße zunehmende Vermietungsprobleme erkennen. In Hamburg liegt die Mönckebergstraße mit einer Benotung von 2,14 auf dem 7. Platz des Gesamtrankings, während die von der Mönckebergstraße zum Hauptbahnhof abzweigende Spitaler Straße sich mit 3,71 weit hinten einreiht. Umsatzverlagerung zum Online-Handel nur teilweise umkehrbar

Neben der wirtschaftlichen Performance der Einkaufslagen aus Sicht der Geschäftstreibenden gibt der Report auch Auskunft zu diversen Fragestellungen, welche aktuell von der Corona-Pandemie und den behördlichen Maßnahmen zum Infektionsschutz bestimmt werden. Etwa 71 % der Befragten gehen davon aus, dass die Pandemie eine nachhaltige Verlagerung von Umsätzen vom stationären Einzelhandel in den Online-Handel bewirkt und dass wesentliche Teile dieses Umsatzes auch nach Wiedereröffnung der Läden nicht mehr zurückfließen werden. Entsprechend pessimistisch ist die Einschätzung, wann in etwa das Niveau der Vor-Corona-Umsätze wieder erreicht werden kann: Knapp die Hälfte geht davon aus, dass dies noch gut 2 bis 3 Jahre dauern kann; etwa jeder zehnte Befragte vermutet, dass dies frühestens im Jahr 2025 oder sogar überhaupt nicht mehr der Fall sein wird.

Mehr Ladenschließungen als Neueröffnungen

Bezüglich weiterer Standortexpansion wird kräftig auf die Bremse getreten: jeder Befragungsteilnehmer plant innerhalb der nächsten 12 Monate im Durchschnitt 4,7 neue Filialen zu eröffnen, gleichzeitig sollen aber im Mittel 6,0 bestehende Standorte geschlossen werden. Der negative Saldo wird dazu führen, dass die Zahl der Ladenleerstände auch in den innerstädtischen Haupteinkaufslagen zunimmt und durch eine sinkende Flächennachfrage das bisher dort noch erzielte Mietpreisniveau weiter unter Druck kommen wird. Trotz der stark von Corona beeinflussten Untersuchungsergebnisse zeigt sich der Geschäftsführer von hystreet.com, Julian Aengenvoort, optimistisch: „Wir glauben, dass sich die Lage nach Corona schnell wieder bessern wird. Die Leute wollen und werden, wenn sie wieder können, in die Innenstädte kommen und einkaufen.“