18.04.14
Sturm in der Kaffeetasse
Anfang des Jahres hat Nespresso im juristischen Kampf gegen Kapsel-Konkurrenten aufgegeben. Die Tochter des Lebensmittelkonzerns Nestlé zog ihre Klage gegen den Schweizer Hersteller Ethical Coffee Company (ECC) zurück. Damit reagierte der Konzern auf die vorausgegangenen Entscheidungen des Landgerichtes Düsseldorf, die nicht zu seinen Gunsten ausgefallen waren.
Der Kapsel-Marktführer hatte vor Gericht durchsetzen wollen, dass von Konkurrenten hergestellte Kapseln nur mit dem Hinweis «Nicht geeignet für Nespresso-Maschinen» verkauft werden dürfen. Das Ende des Prozesses, befand ECC, sei ein wichtiger Sieg für die Hersteller Nespresso-kompatibler Kapseln. Auch die Endverbraucher dürfte die Meldung freuen, sind doch die Kapseln von Aldi, Tchibo und anderen deutlich günstiger als die Original-Nespressos - wäre Kaffeepulver so teuer wie sie, müssten laut Berechnungen der Zeitung Die Welt 500 g mehr als 30 Euro kosten.
Das Geschäft mit portioniertem Kaffee weckt besondere Begehrlichkeiten. Laut Kaffeereport 2013 (er wird von Tchibo in Zusammenarbeit mit brand eins Wissen und statista.com erstellt) ist das ein wachsender Markt: Lag der Verbrauch von Kaffeepads 2005 noch bei 6600 Tonnen im Jahr, waren es 2011 schon 31000 Tonnen. Bei Kaffeekapseln stieg die Menge im gleichen Zeitraum von 400 Tonnen auf 6650 Tonnen. Kein Wunder, dass immer mehr Kaffeeanbieter die lukrativen Portiönchen ins Programm aufnehmen. Kein Wunder auch, dass der Kapsel-Primus Nespresso auch nicht ein Tässchen von dem Geschäft abgeben will.
Kapsel-Querelen
Deswegen brüht sich der nächste Sturm in der Kaffeetasse schon zusammen. Die neuen Nespresso-Modelle «U», «Pixie» und «Inissia» sind so gebaut, dass «fremde» Kapseln in ihnen zerdrückt werden und schlimmstenfalls das Gerät schädigen können. So verursachte Schäden sollen in Zukunft zudem nicht mehr in der Garantieleistung inbegriffen sein. Nespresso Deutschland äußerte sich auf Rückfragen von stil&markt nicht dazu, ob in Zukunft alle neuen Geräte mit der neuen Technik ausgestattet werden sollen. Die wachsende Kapselkonkurrenz – auch Aldi bietet seit November sehr erfolgreich ein eigenes System an – hat bei dem Düsseldorfer Unternehmen das Personalkarussell in Gang gesetzt. Wie die Lebensmittelzeitung Mitte Februar mitteilte, wurde der langjährige Geschäftsführer Holger Feldmann durch den Niederländer Niels Kuijer ersetzt.
Bei Umweltfreunden treiben die Kapselgeräte den Blutdruck aus anderen Gründen in die Höhe. Egal, ob Original-Nespresso-Kapseln aus Aluminium oder die Plastik-Variante von Konkurrenten wie Tchibo oder Jacobs, der Portionsgenuss produziert riesige Müllberge. Allein in Deutschland fallen laut Die Welt jedes Jahr rund zwei Milliarden Kapseln an, was 4000 Tonnen Abfall entspricht. Bemängelt wird außerdem, dass Nespresso keinen fair gehandelten Kaffee in seine Kapseln packt. Die Schweizer Hilfsorganisation Solidar Suisse fordert dies in einer Persiflage der Nespresso-Spots, in der ein George Clooney-Double von einem Espresso-Schild zu Boden gestreckt wird.
Kapsel-Kaffee ohne Blei
Nicht berührt wurden die Kapsel-Systeme von einem weiteren Kaffee-Aufreger, der vor Weihnachten Schlagzeilen machte. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hatte im Rahmen eines Forschungsprojektes zur Messung der Freisetzung von Metallen einige Kaffeemaschinen getestet und dabei festgestellt, dass teils große Mengen Blei abgegeben wurden. Die reißerische Spiegel online-Überschrift «Teure Espressomaschinen setzen Blei frei» ließ Schlimmes für Hersteller, Händler und Verbraucher befürchten.
Die Projektergebnisse selbst räumten diese Ängste weitgehend aus. Die Forscher hatten genau drei Siebträger-, drei Kaffeepad- und zwei Kapselmaschinen getestet. Die hohen Blei-Werte fielen nur bei zwei der drei Siebträgergeräte an - jeweils im Anschluss an die vorschriftsmäßige Entkalkung. Die anderen Geräte waren nicht betroffen. Die Produkt- und Herstellernamen wollte das Institut nicht herausgeben, weil die Daten aufgrund der geringen Probenzahl nicht repräsentativ seien. Wenn nach der Entkalkung die von den Herstellern empfohlenen Spülschritte eingehalten wurden, wurde die Bleidosis stark reduziert.